28. Mai 2025
Du hast Träume und Sehnsüchte, aber du bleibst stehen.
Und du wartest. Und du hoffst, dass sich etwas verändert - ohne dich.
Diese Folge ist für dich, wenn du spürst:
Statt Schöpfer bin ich Zuschauer meines Lebens.
Wir sprechen über den tiefen Schmerz männlicher Ohnmacht und darüber, wie du ihn durchbrechen kannst.
Darum geht’s in dieser Folge:
🔹Warum so viele Männer in Passivität und Ohnmacht verharren
🔹Welche tiefen Prägungen dein Handeln blockieren
🔹Wie Scheitern zur Würde werden kann
🔹Warum du ohne Konfrontation nicht wachsen wirst
🔹Was der „wilde Mann“ mit deiner Lebensfreude zu tun hat
Ein Gespräch über den Weg vom Überleben ins echte Leben, über die Wunde, die dich geprägt hat und die Kraft, die darin verborgen liegt.
Viele Männer spüren, dass sie nicht in ihrer Kraft sind, aber sie handeln nicht. Die Passivität des Mannes ist kein Zufall, sie ist das Ergebnis kollektiver Entwicklungen. Und sie fordert einen hohen Preis in Beziehungen, in der Welt und in der eigenen Seele.
In dieser Folge schauen wir gemeinsam auf diese Form männlicher Abwesenheit. Warum ist der moderne Mann so oft still, weichgespült, gelähmt oder zornig, ohne je Verantwortung zu übernehmen? Was braucht es, um diese Ohnmacht zu durchbrechen?
Und welche Rolle spielt der wilde Mann aus Eisenhans in dieser Geschichte? Wie immer haben wir drei Teile, einmal den gesellschaftlichen Teil, den existenziellen Teil und den archetypischen Teil. Und auf diesen drei Ebenen schauen wir uns heute den passiven Mann an.
Axel, wenn wir auf unsere Gesellschaft blicken, sehen wir eine männliche Figur, die zwischen zwei Polen, würde ich sagen, gefangen ist. Auf der einen Seite haben wir den weichgespülten Mann, der gefallen will, konfliktscheu ist und sich immer anpasst. Und auf der anderen Seite den aggressiven, reaktiven Mann, der gegen die Welt wettert, aber sie nicht mitgestalten möchte.
Was siehst du bei den Männern, die zu dir kommen? Welche Formen von Passivität zeigen sich und was steckt darunter?
Axel:Ja, allein der Begriff Passivität ist etwas, was ich gelernt habe zurückzunehmen. Statt nach vorne zu tragen, trage ich das nach innen oder unterdrücke das. Das ist ja gesellschaftlich und auch entwicklungspsychologisch ein ganz frühes Thema, dass wir mit dem, was wir in der Tiefe sind, in gewisser Weise konfrontiert werden, uns anzupassen.
Ich würde sagen, kein Mann hat einfach Bock, passiv zu sein. Das ist ja ein Ausdruck einer Entwicklung, Erziehung. Ich meine, Erziehung ist immer ein schönes Wort.
Alleine der Begriff, wer sind wir, dass wir meinen, wir müssen Menschen erziehen, statt sie in die Entwicklung zu führen. Wir haben bestimmte Vorgaben und daran orientiert sich in der Weise auch das kleine Kind, der Heranwachsende und verliert mehr und mehr den Kontakt zu seiner freien Lebendigkeit, auch der Kraft, auch dem Vertrauen, sich wirklich irgendwie auch zu zeigen, nicht in die Anpassung zu gehen. Das sind so viele Bereiche und so Themen, die zeigen sich in ganz unterschiedlichen Formen, auch wenn ich mit Männern in Kontakt komme, dass sie sagen, Mensch, ich spüre, ich bin mehr als das, was ich lebe.
Das ist immer ein schöner Begriff. Da gibt es etwas wie ein Potenzial, was nicht freikommt. Und dann wird ja die Frage laut, was hindert dann den Mann daran, auch in diese Bewegung herauszufinden, wer in der Tiefe wirklich ist.
Und das ist nach wie vor für mich eins der bedeutsamsten initiatischen Momente. Gesellschaftlich würde ich sagen, es gibt ja nicht mehr diese initiatischen Räume, wo Männer genau diesen Prozess durchlaufen können, damit sie mit der Kraft, oder auch, ich mag das Wort ja, dass Männer in das Handeln wieder zurückfinden. Das ist ein Prinzip.
Ein handelndes Prinzip beruht auf Freiheit und auf Wahrhaftigkeit. Da muss ich mich nicht zurücknehmen. Ich bin konfliktfähig, ich habe die Kraft, auch im Prozess oder auch im Konflikt durchzustehen.
Das hat ja viel mit Bewusstsein zu tun, wer ich da bin und dass ich bin. Ja, das ist schon eine große Herausforderung, gerade in der heutigen Zeit. Wir haben ja ein paar Mal schon darüber gesprochen.
Ich finde, was gibt es für Orientierungsmöglichkeiten für heranwachsende junge Männer? Die sind alle künstlich, das hat mit einer gewissen Wirklichkeit nicht mehr viel zu tun. Die Bilder sind Bilder, man spricht ja immer von Vorbildern, klar.
Aber welche Vorbilder haben wir denn heute noch? Also welchen Vorbildern können denn Heranwachsende denn noch folgen? Also ich finde das durchaus bedenklich.
Das sind alles künstlich erzeugte Bilder und die haben mit dieser tieferen Form von Entwicklung nicht mehr viel zu tun.
Daniel:Woran passt sich der Mann denn an?
Axel:Naja, das fängt ja relativ früh an. Da muss man ja nicht lange gucken, wenn bestimmte Bedingungen im Umfeld wahrgenommen werden, auch in der frühen Zeit der Entwicklung oder noch früher, in der frühen Form des Ankommens oder vielleicht auch noch früher, schon in der Entwicklungszeit im Bauch der Mutter, kommen Informationen und dann ist das schon wie eine Information, ein Impuls, wie das Wesen zu sein hat. Und dann passt es sich erstmal aus einer tiefen Abhängigkeit natürlich an den äußeren Umständen an und versucht darüber sozusagen das Leben irgendwie zu leben.
Der Preis ist, das ist ja nach wie vor immer ähnlich oder in jedem Fall der gleiche Vorgang, das Wesen verliert mehr und mehr den Kontakt zu sich selbst, zu dem was es in der Tiefe ist. Und ich finde, wir sind freie Wesen. Nur wenn wir dann irgendwie in Abhängigkeiten stehen und lernen müssen, uns den Umständen anzupassen, das fängt ja an, sei nicht so lebendig, sei nicht zappelnd, nicht rum.
Also die ganzen Aussagen auch der Eltern, und ich sage jetzt nicht, dass die Eltern was verkehrt machen, das ist ja auch ein Ausdruck der gesellschaftlichen Entwicklung, dass wir meinen, so geht Menschsein. Oder so wäre das förderlich, Mensch zu werden. Und ich würde sagen, genau das Gegenteil passiert.
Wir werden mehr und mehr zu Form und Struktur. Manche nehmen den Begriff Roboter, funktional statt emotional und gegründet, abgekoppelt, entkoppelt, auch von der Wirklichkeit der Natur. Wenn ich ja so um mich herum schaue, wenn ich Menschen sehe in der Stadt, ich bin kein Stadtmensch, ich bin ja ab und zu mal in der Stadt, aber wenn ich dann sehe, wie Menschen in dieser Stadt leben.
Also für mich ging das nicht. Ich habe noch nie in der Stadt gewohnt und werde, so Gott will, dieses Leben auch nicht in einer Stadt leben wollen. Also das ist, finde ich, nicht die Form, nicht die Tiefe dessen, wie wir im Menschsein angelegt sind.
Daniel:Also ich habe verstanden, dass die meisten Männer den Kontakt zu ihrer Lebendigkeit verlieren, zu ihrem eigentlichen Ausdruck und dass auch die Gegebenheiten unserer Gesellschaft und die Anforderungen unserer Gesellschaft dieses handelnde Prinzip quasi unterdrücken. Wir erleben uns ja in Beziehungskontexten, in denen es immer wieder wichtig ist, dass wir uns anpassen, dass wir auch im beruflichen Kontext Ideen nicht einbringen können. Also dieses ganze handelnde Prinzip, von dem du gesprochen hast, ist ja eigentlich das Wesen des Mannes.
Jetzt kommen wir schon zum existenziellen Teil. Der Mann ist eigentlich ein Wesen, das gestaltet und das ins Leben tritt, das Verantwortung übernimmt. Aber die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die wir erleben, die lassen das ja gar nicht zu.
Wir haben nur ganz wenige Menschen in Leitungs- und Führungspositionen und die eigentlichen Formen des Überlebens, die spielen heute nicht mehr so die Rolle. Wir erleben deshalb eben eine Generation von Männern, die irgendwie dieses handelnde Prinzip verlernt haben. Ich kann mich da an Phasen in meinem Leben erinnern, da habe ich das ziemlich intensiv gespürt.
Ich war immer in der Führungsrolle, aber selbst in dieser Führungsrolle fühlte ich mich oft eingesperrt. Im eigenen Unternehmen, ich musste immer alles absprechen, ich konnte nie so handeln, wie ich meinte und fühlte, dass es vielleicht richtig wäre. Und wenn ich eine Stimme hatte, dann wurde die oft nicht gehört.
Und manchmal wollte ich auch gehen und bin trotzdem geblieben, gegen den eigenen inneren Impuls heraus. Und jetzt habe ich noch eine kleine persönliche Geschichte, wo ich auch nicht so stolz drauf bin. Und zwar wurde meine Tochter jetzt am Donnerstag, also vor fünf, sechs, ne, ist ja schon fast eine Woche her, letzten Donnerstag operiert.
Kurze Vorgeschichte, um das jetzt ein bisschen zu erklären. Sie ist mit knapp zwei Jahren mal gestürzt und ist auf ihre Zähne gefallen, also auf die vordere Zahnreihe. Und da sind ihre Zähne, die vorderen Schneidezähne oben, da ist der Zahnmantel eingerissen oder abgeplatzt oder so.
Und es dauerte gar nicht lange, da löste der sich so langsam von oben nach unten ab, also so vom Zahn vielleicht bis zur Spitze. Da wurde der Riss immer größer und der Zahnmantel löste sich mit der Zeit auf. Und irgendwann war der Zahnmantel komplett weg und immer wenn sie dann was gegessen hat, hat sich das Zahnbein so abgerieben.
Und es dauerte drei Monate, da waren die quasi weg, die Zähne. Die Zahnärztin hat uns dann einen Termin bei einer zahnärztlichen Kinderpraxis gegeben. Und es dauerte aber acht Monate, bis wir einen Termin bekommen haben.
Ja, und das hat jetzt fast zweieinhalb Jahre gedauert, weil der Termin dann verschoben werden musste. Die Ärztin, die nach acht Monaten die OP hätte durchführen wollen, ist dann schwanger geworden. Dann wurde uns zwei Wochen vorher der Termin abgesagt und so hat sich das ewig hingezogen.
Und das ist so ein Moment, wo ich mich sehr ohnmächtig gefühlt habe und quasi keine Möglichkeit hatte zu handeln. Und das ist ja auch ein Schicksal, das uns mehr oder weniger auferlegt wird, dass wir gar nicht in der Lage sind, diesem handelnden Prinzip zu folgen, weil wir in Strukturen, in Anführungsstrichen, gefangen sind, auf die wir keinen Einfluss nehmen können. Axel, was geschieht denn mit einem Mann, wenn er dieses existenzielle Prinzip des Handelns über Jahre nicht ausleben kann?
Und wenn er sich quasi dabei zusieht, wie er nicht in der Lage ist, das zu leben, was er eigentlich ausdrücken möchte?
Axel:Was dann bei dem Mann geschieht? Dass er seinen Ärzten oder seiner Bestimmung nicht folgt. Genau.
Das meinst du? Genau. Ich glaube, da sind die vielfältigsten Möglichkeiten, wie der Mensch dann diesen Impuls vielleicht auch gelernt hat zu unterdrücken, nicht mehr wahrzunehmen.
Natürlich gibt es immer Situationen, wo wir handeln wollen und wo es vielleicht gut ist, auch abzuwägen. Ist Handeln jetzt angesagt oder ist es jetzt auch gut, in das Nichthandeln zu finden, was ja auch eine Entscheidung mit sich bringt. Handeln hat ja immer auch was mit einer Entscheidung zu tun.
Und ich glaube, da ist es natürlich auch gut. Und das geht ja auch meiner Meinung nach erst dann wirklich, wenn wir gut mit uns selber in Kontakt sind. Also gerade auch in herausfordernden Situationen, die aufgeladen sind oder wo wir auch mit einer Wirklichkeit des Nichtwissens in Kontakt kommen.
Da braucht es ja Zeit, sich vielleicht auch damit auseinanderzusetzen. Jetzt ist natürlich immer die Frage, nehmen wir uns die Zeit, fühlen wir rein, gehen wir mit dieser Wirklichkeit weiter und versuchen, die zu ergründen. Oder vielleicht auch für uns, geht ja auch nur für uns letztendlich eine gute Entscheidungswirklichkeit zu finden.
Also ich glaube, die Möglichkeiten, die wir oder wie viele Männer oder Menschen, Frauen ja auch, diesen Impuls wegmachen, dem nicht zu folgen. Und in vielen Fällen, ich meine, das wirst du kennen, das werde ich kennen, du hast es vorhin auch gesagt, also wenn ich ja meinem Inneren folge und gegen eine andere Meinung falle, die sagen, nee, ist anders, dann geht es ja nicht unbedingt darum, die Recht zu haben, sondern erst mal, dass du deinen Standpunkt vertrittst. Und da fängt es ja schon bei vielen Männern an, dass die zwar ein Nein fühlen, aber ein Ja sagen.
Also wie dann körperlich oder innerseelisch etwas zurückgenommen wird, was eigentlich nicht der inneren Wahrheit entspricht. Und das schwächt ungemein. Das andere ist ja, was würde dich oder was hat mich irgendwie dazu bewogen, bestimmte Dinge, obwohl ich vielleicht eine andere Entscheidung in mir gehabt hätte, dem nicht zu folgen.
Das ist immer eine Befürchtung und Ängste, vielleicht in einem Konflikt nicht zu bestehen, oder dass der Konflikt Konsequenzen mit sich bringt. Und ich würde sagen, ja, jede Herausforderung des Lebens hat eine Konsequenz. Ich habe ja die Möglichkeit, einerseits das Selbst natürlich zu entscheiden, aber wenn ich es nicht entscheide, entscheidet das Universum oder das Leben.
Dann gebe ich sozusagen die Entscheidungswirklichkeit ja aus der Hand. Und so selbstbestimmt zu sein, das ist ein Begriff, den ich gerne mag. Aber das heißt ja auch nicht, ich kann immer nur das tun, was mir entspricht.
Aber so grundsätzlich in einem tiefen Erleben zu sein, mein Leben, soweit es mir möglich ist, selbstbestimmt zu leben, nicht fremdbestimmt. Wenn du jetzt angestellt bist und der Chef sagt dir, was du zu tun hast, und du sagst, nee, finde ich nicht so gut oder wäre vielleicht besser so, dann kannst du gegen wettern. Und dann sagt der Chef, ja wunderbar, danke für deine Meinung, Daniel, aber es wird so gemacht, wie ich das sage.
Punkt. Also außer man kommt wirklich in eine Form von Kontakt und der interessiert sich für deine Meinung und wird sagen, ja, ich wäge das mal ab oder Mensch, finde ich jetzt eine interessante Erweiterung in diesem Prozess, aber dann ist man ja auf einer anderen Ebene. Und in vielen Fällen, glaube ich, ist die größte Angst wirklich irgendwie auch in diesen Auseinandersetzungen oder auch in und mit dem Leben zu scheitern.
Also Scheitern ist ja eines der größten Befürchtungen, die wir haben. Und wenn ich jetzt so in mein Leben schaue, würde ich immer sagen, boah, ich bin so häufig gescheitert und scheitere immer weiter. Und Scheitern ist ja nichts Bedrohliches letztendlich, fühlt sich manchmal so an.
Aber ich spreche immer von dem heilsamen Scheitern, weil in dem Scheitern immer auch etwas liegt, was mich und meinen Weg vielleicht noch mal deutlicher werden lässt oder auch tiefer werden lässt. Auch nicht unbedingt immer so, dass es mir gefällt, diese Auseinandersetzung. Aber ich habe gelernt, und das ist vielleicht auch ein Ausdruck meines Weges, dass das Leben meiner Meinung nach nicht gegen mich ist.
Ich sage nicht, die anderen sind schuld oder sowas. Also ich versuche immer, soweit es mir möglich ist, diese Bewegung nicht nach außen zu geben, sondern zu mir zu führen. Mit was komme ich in Kontakt, wenn die Menschen so sind, wie sie sind?
Mit was komme ich in Kontakt, wenn meine Partnerin so ist, wie sie ist? Mit was komme ich in Kontakt, wenn bestimmte Dinge so sind, wie sie sind? Und erst dann habe ich die Möglichkeit, mit mir selber tiefer darüber in Kontakt zu kommen und herauszufinden.
Und wir sind ja geprägte Wesen, wir haben eine Geschichte, wir haben so etwas wie eine Wunde in unserer Lebenswirklichkeit erlebt. Und Wunde ist nach wie vor eines der größten Prinzipien, woraus ganz viel Verrücktes entsteht. Und wie viele Menschen, überwiegend viele Menschen natürlich, versuchen dieser Wunde nicht näher zu kommen.
Sondern versuchen irgendwie alles wieder dafür zu tun, nicht verletzt zu sein. Und ich sage ja verletzt zu sein, wir sind ja schon verletzt. Und das, was wir gelernt haben, und dann sind wir vielleicht auch wieder bei dem Punkt, warum nehmen sich Menschen zurück, weil natürlich etwas wie eine tiefe Grundwirklichkeit einer Wunde in uns pulsiert.
Und dann geht es schon darum auch im Laufe des Lebens. Und ich glaube, da sorgt das Leben auch gut für uns, dass wir lernen, uns dieser Wunde zu stellen. Und das hat etwas mit Entwicklung zu tun.
Das hat etwas mit Reifung zu tun. Und dann geht es auch nicht mehr darum, die Menschen an die Wand zu neigen und zu sagen, die sind schuld, oder die Eltern sind schuld. Natürlich gibt es so bestimmte Situationen, wo man sagen kann, da machen sich Menschen vielleicht schuldig in einer bestimmten Weise.
Aber auch all das ist immer auch Ausdruck meines persönlichen Weges. Und ich kann im besten Falle in eine Form von Zustimmung finden, auch zu dem, was war. Und das sind Prozesse.
Und jetzt frage ich mich ja immer, wie viele Menschen setzen sich wirklich damit auseinander? Wie viele Männer halten inne und schauen mal nicht nach außen zu gehen, sondern gucken mehr nach innen und spüren diese Wirklichkeit mehr und mehr an? So Grundbewegungen, die wir sozusagen ja üben dürfen, uns dem zu stellen, dem nicht mehr auszuweichen.
Also das wäre so mein Verständnis von dem, wie ich mehr und mehr Leben verstehen lerne oder begreifen lerne. Und gerade was das Männliche angeht, wir können uns ja eigentlich immer nur wiederholen, die Grundthemen, die sich da abbilden. Ich finde das sehr bedenklich, was da gerade läuft.
Und ich finde eben halt, dass die Männer zutiefst in einer Krise sind oder das Männliche zutiefst in einer Krise sind. Das ist auch nichts Neues. Aber und auch, ich warte auf den Moment, wo die Männer wirklich wieder anfangen, sich dieser Wirklichkeit zu stellen, also auch der kollektiven Krise.
Daniel:Du hast gerade ein paar Punkte angesprochen, die finde ich sehr wichtig. Und zwar hast du einerseits angesprochen, sich der Wunde zu stellen. Jetzt ist ja das handelnde Prinzip des Mannes auch eng verknüpft mit einer Form von Konflikt- und Konfrontationsbereitschaft.
Denn nur wenn ich die Einstellung mitbringe, dass ich mich selbst herausfordere, zum Beispiel mit Situationen, dann kann ich ja nur wirklich auch eine Veränderung finden. Und ich fand auch spannend, dass du über das Scheitern gesprochen hast. Du sagst auch oft das würdevolle Scheitern.
Also das wirklich in Würde Scheitern mit einer Handlung. Also ich nehme mir vor, etwas zu probieren und ich scheitere würdevoll damit oder daran. Es kann eben auch passieren, dass das, was auch immer ich mir vornehme, nicht funktioniert.
Aber ich kann akzeptieren, dass ich auch an diesem Scheitern wachsen kann. Es gibt ja dieses Zitat, ich habe 10.000 Wege gefunden, wie es halt nicht funktioniert.
Axel:Ja, aber klar, da ist eine Wahrheit drin. Also all das, was wir erleben, und ich würde jetzt mal versuchen, auch so ein Bild zu erzeugen, dass wir mal lernen, aus der Wertung herauszugehen, war gut oder war schlecht. Solange wir so noch unterwegs sind, sind wir immer in Spaltung oder in Trennung.
Also das Einzige, was meiner Meinung nach im Leben zählt, ist Erfahrung selbst und pur. Aus der Erfahrung heraus lernen wir. Und Scheitern ist kein Negativ-Erleben.
Also wenn wir das Bewusstsein natürlich haben und sowas vertreten und sagen, ach nee, das ist gut und das ist schlecht, dann würde ich mal sagen, sind wir noch in bestimmten Prozessen unfrei. Weil wir immer noch alles versuchen zu unterscheiden in einer Form von richtig, verkehrt, gut und böse. Und lernen davon irgendwie, dieses Sowohl-als-auch-so-in-sich-zu-entdecken.
Dass so eine Scheitererfahrung letztendlich in sich was Gutes hervorbringt. Man spricht ja auch von Krise. Wenn wir lernen, der Krise nicht mehr auszuweisen, sondern uns wirklich mit der Tiefe der Krise fühlen und herausforschen, um was es in der Krise geht, dann wird im Kontakt zur Krise etwas in uns, was sich danach aufrichtet, also in einer förderlichen Weise in mein Leben einfließt.
Wenn ich natürlich Krise auch verstehe, was das wirklich bedeutet. Und Scheitern ist ja häufig mit Krise verbunden. Krise und Scheitern werden gar nicht so weit voneinander wegliegen.
Scheitern in der Beziehung, Scheitern im Beruf, Scheitern, Scheitern. Und das führt uns vielleicht mal in der Dauer der Zeit auch in Krisenmomente rein. Und das ist ja leider Gottes nach wie vor so.
Ich glaube, die meisten Menschen kommen erst dann in Bewegung, wenn Krise sich wirklich fühlt und es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Und dann ist ja Veränderung angesagt. Aber auch da gibt es viele Menschen, die, obwohl die Krise bis zum Hals steht, immer weitermachen.
Auch das gilt es zu würdigen und zu achten. Wer bin ich, der würde sagen, das wäre schlecht. Jeder lebt sein Leben.
Jeder ist dafür verantwortlich. Du hast vorhin gesagt, Schöpfer. Ich finde auch, wir haben ja eine so tiefe gestalterische, letztendlich schöpferische Kraft in uns.
Schöpfen heißt ja auch gestalten. Da kann man sich aber fragen, gestalte ich mein Leben oder werde ich gestaltet? Oder lasse ich gestalten?
Und fühle mich dann vielleicht auch in vielen Fällen als Opfer der Umstände, Opfer der Gesellschaft und so weiter. Also da herauszutreten aus diesen Strukturen, ich spreche immer so Strukturen an, die uns geprägt haben, woraus wir sozusagen ein Überleben gelernt haben, Überleben müssen auch zum Teil. Aber es geht nicht mehr ums Überleben.
Ich meine, wir sind jetzt erwachsen und wenn die Zeit in einer gefrühen Zeit war, wo wir gar nicht anders konnten, als uns rückzunehmen oder die Luft anzuhalten oder den Körper anzuspannen, dann damit wir diese Situation irgendwie überleben können und vielleicht zu dem finden können, was wir brauchen, damit es kommt. Nur die Zeit ist lange, lange vorbei. Und doch klingt oder schwingt oder erzeugt das immer wieder so ähnliche Verhaltensstrukturen.
Also das heißt für mich auch, dass wir noch nicht vielleicht in vielen Fällen die Unterscheidungskraft haben, in der Situation sozusagen zu erkennen, das ist meine Geschichte und das ist die Wirklichkeit. Dafür braucht es so etwas, sind wir hier bei den archetypischen Bilder, dafür braucht es vielleicht auch diese Kriegerqualität. Der Krieger hat eben halt ein Bewusstsein davon und eine Unterscheidungskraft.
Der kann unterscheiden, was gerade passiert, was die Wirklichkeit ist und was vielleicht der Teil der Geschichte ist, die sich anbietet.
Daniel:Jetzt hast du gerade den archetypischen Teil schon eingeleitet. Robert Bley spricht ja in seinem Buch Der Eisenhans von dem, worüber wir gerade sprechen, als dem wilden Mann, der im Käfig liegt und eingesperrt ist und vergessen wurde. Und in dem Buch befreit der Königssohn den wilden Mann, aber das ist ihm erst möglich, als er alle Verbote seiner Eltern quasi gegen die Verbote verstößt.
In deinem Verständnis, Axel, steht dieser wilde Mann für das Unterdrückte, Lebendige im Mann und was bedeutet es denn, diesen Käfig heute zu öffnen?
Axel:Erstmal, dass man vielleicht Menschen lernt zu enttäuschen, die vielleicht ein bestimmtes Bild von dir haben oder bestimmte Vorstellungen oder Erwartungen. Das ist ja eine Metapher der Eisenhans, der Junge, der ja sozusagen irgendwie einen initiatischen Prozess einläutet. Und das hat ja viel auch an diesem Punkt damit zu tun, dass er sozusagen auch das Wilde in sich, was das Freie ja auch bedeutet, sich zu lösen.
Und deswegen ist das ja auch so eine Metapher. Er muss ja den Schlüssel unter dem Kopfkissen der Mutter, also dem weiblichen, klauen, so damit er selbst freikommt. Das ist eine ziemlich eindeutige Botschaft.
Und jetzt wirkt sich das ja viel, vielleicht in der heutigen Zeit, entweder auch in Beziehungsfeldern spiegelt sich das wieder, wie viele Männer in einer tiefen Abhängigkeit immer noch zum Weiblichen stehen. Und damit eine gewisse Form von Autonomie, das ist vielleicht auch das bessere Wort, die Freiheitssohn noch nicht haben erwirken können. Also, ich meine, passen sich ja viele Männer oder ordnen sich dem Weiblichen unter, oder müssen das Weibliche unterdrücken.
Das ist für beides keine gute Form des Miteinanders. Sondern das erste ist ja, wenn ich merke, ich nehme mich zurück und mache alles das, was die Frau von mir erwartet, schwächt den Mann ja in seiner Wirklichkeit und in seiner Stärke. Und früher oder später wird die Frau die Achtung vor dem Mann verlieren.
Das ist auch irgendwie so eine Gesetzmäßigkeit. Und das andere ist, wenn ich natürlich das Gegenteil, also gewisse Formen gegen das Weibliche lebe, und aus der eigenen Verunsicherung heraus oder aus der eigenen Verletzung heraus, muss ich das weibliche Beherrschen, Kontrollieren, Unterdrücken. Dahinter steckt ja eigentlich die tiefe Verunsicherung eines Mannes.
Also in beiden Fällen. Einerseits die Angst, was würde passieren, wenn ich mich nicht anpasse und in Beziehungen auch das vielleicht kundtue, dafür einstehe, was mir wichtig und bedeutsam ist. Und die Frau vielleicht in dem Sinne enttäusche, weil die ein anderes Bild oder gerne einen anderen Wunsch in mir hat.
Oder auf mich hat. Also das ist eigentlich genau dieser Ausdruck, den der Sohn ja da irgendwie beim Eisenhans auch vorzieht. Um frei zu werden, brauchen wir sozusagen auch diese tiefe, initiatische Bewegung der Ablösung.
Und der wilde Mann sagt ja, wenn du den Schlüssel holst und die goldene Kugel, die repräsentiert ja auch was, dann zeige ich dir eine Welt ungeahnten Ausmaßes. Das heißt, das hat viel mit einer Wirklichkeit zu tun, wie Abenteuer, wie Herausgehen. Das ist ja auch im initiatischen Sinn die Aufbruchenergie, raufzugehen in das eigene Leben, Erfahrungen, Abenteuer, prüfen und zu bestehen.
Das machst du nicht am Herd. Das sind eben halt Metaphern, die wirken bis heute noch ein. Das ist ein Prinzip.
Ich habe ja häufig Männern gesagt, wenn du anfängst der Frau zu entsprechen, hast du verkackt. Ja, da ist was Wahres dran. Und Frauen haben natürlich ein Bewusstsein davon, ob der Mann frei ist, ob der bereit ist, seinen eigenen Weg zu gehen.
Ob er auch bereit ist, der Frau was zuzumuten, zu sagen, das ist mir wichtig und bedeutsam. Ich weiß, für dich ist es anders. Und ich will das tun.
Und das ist manchmal alleine, dass der Mann mal sagt, ich will mal eine Woche ins Männercamp fahren. Da gehen schon die Konflikte los. Und das ist häufig so, in dem Augenblick, wenn der Mann fleißig auch die Rückbinden will oder bestimmte Bewegungen vollziehen will, dass natürlich das Weibliche das Männliche prüft und sagt, was willst du denn draußen in der Natur?
Hier hast du doch alles. Was willst du denn bei den Männern? Das ist ja manchmal immer auch so eine Prüfungssituation.
Das Weibliche in seiner Art und Weise, ich finde das genial, prüft den Mann und motiviert den Mann ja auch, sein eigenes durchzusetzen. Nicht auf Kosten des Weiblichen, das meine ich nicht.
Daniel:Ich würde dir gerne mal einhaken, weil du gerade was Wichtiges ansprichst, nämlich, dass die Frau quasi den Mann prüft, wieder in seine Entscheidungskraft zu finden, also wieder in dieses handelnde Prinzip hineinzukommen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.
der oft nicht gesehen wird, in diesem Beziehungskontext. Und jetzt hast du auch was angesprochen, nämlich diese goldene Kugel. Die habe ich jetzt noch nicht erwähnt.
In dem Märchen verliert der Junge seine goldene Kugel an dem wilden Mann im Käfig. Das heißt, er spielt mit dieser goldenen Kugel und sie rollt beim Spiel in den Käfig hinein. Und die Metapher dahinter ist, dass diese goldene goldene Kugel quasi für die Lebensfreude steht, für die Lebendigkeit des Jungen.
Und der Junge spürt natürlich, dass er da etwas verloren hat, was ja, was ihn richtig, richtig schmerzt. Und er geht in die Verhandlung mit dem wilden Mann darüber, dass er diese goldene Kugel wiederhaben möchte. Weil dieser Schmerz darüber, seine Lebensfreude, seine Lebendigkeit verloren zu haben, natürlich ihn sehr einschränkt.
Ja, und der wilde Mann verhandelt mit ihm und gibt ihm eben seine Lebensfreude erst wieder, wenn er eben aus dem Käfig gelassen wurde. Und jetzt ist es so, dass wir häufig beide Männer erleben, die eben nicht in dieser Wildheit, in dieser Freiheit, in dieser Selbstbestimmung, die ja für den wilden Mann stehen, gegründet sind, sondern eben in dieser Passivität gefangen sind. Und erst wenn sie quasi in der Lage sind, den wilden Mann wieder auszudrücken, zu leben, freie Entscheidungen zu treffen, auch mal jemanden zu verletzen, du hast es vorhin so schön ausgeführt, erst dann kommt die Lebensfreude wieder.
Erst dann kommt die Lebenskraft wieder. Erst dann finden wir diesen Teil von uns wieder, den wir verloren haben. Genau, ich fasse jetzt mal zusammen.
Die Passivität des Mannes ist eben dieser Schmerz, der Schmerz darüber, keine Orientierung zu haben, der Schmerz darüber, sich selbst nicht mehr zu spüren. Aber genau hier ist ja auch der Anfang, der Anfang dieser Bewegung. Im Märchen ist das ein initiatischer Schritt, der beginnt eigentlich in der Kindheit.
Also den wilden Mann wieder herauszulassen, ist ein initiatischer Schritt, der in der Kindheit beginnen würde. Axel, was können denn Männer tun, um wieder Bewegung in ihr Leben zu bringen und wieder Ja zu sagen zum eigenen Leben, zur eigenen Kraft und diesem eigenen Schatten, den ja der wilde Mann auch repräsentiert?
Axel:Ja, ich meine, was können die tun? Ich meine, es ist relativ einfach, dass sie anfangen, sich für sich selbst zu interessieren, dass sie anfangen, wieder in ein tieferes Fühlen zu kommen. All das, was du vorhin benannt hast, wie Lebensfreude und Lebenslust oder auch die goldene Kugel, steht ja auch für den Wert.
Also Gold hat immer diese repräsentative Kraft, den Wert dessen, auch der Wert des Seins. Und natürlich scheint es so in diesem Leben, dieser initiatische Prozess zu sein, dass wir etwas relativ früh verlieren. Und das ist der Kontakt zu dem, wer wir in der Tiefe sind.
Damit ist es ja nicht weg. Die Frage ist, wie und in welcher Weise schaffe ich mir Möglichkeit, in welcher Weise interessiere ich mich dafür, herauszufinden und diesen Kontakt wiederherstellen zu können. Und dafür braucht es natürlich Felder, dafür braucht es Berufsein, dafür braucht es einen Einsatz.
Dafür braucht es letztendlich erst mal auch die Bereitschaft, sich wirklich auf Veränderung einzulassen. Und viele, ich meine, ich rede ja viel mit Männern und habe ja viele Männer in Kontakt gehabt, die sagen, ja, ja, ja, ich weiß, ich weiß, ich muss das tun und so, ich will das tun und so. Und wir wissen das in gewisser Weise ja auch, die Absicht ist immer ganz schön, aber die Umsetzung dessen, es wirklich in Veränderungsenergie zu bringen, da scheitert es häufig dran.
Und das kann man auch wieder gucken. Es gibt ja Dynamiken und der Fritz Riemann, das war ja so ein Forscher auch, der hat ja mal das gute Buch geschrieben, Grundformen der Angst. Und eine der Grundformen der Angst ist die Angst vor Veränderung in unserem Menschsein.
Auch wenn man da mal hinguckt und schaut, also wie verhindere ich eigentlich Veränderung? Obwohl ich das ja letztendlich gar nicht kann. Das Leben stellt sich ja nie ein.
Das hört ja nicht einfach auf. Das Leben, emotionale Bewegung lebt sich immer weiter nach vorne. Und wir nehmen unseren Körper, wir nehmen bestimmte Dynamiken, um uns irgendwie anhalten zu wollen.
Nicht in Veränderung gehen zu wollen, nicht fühlen zu wollen, nicht lebendig sein zu wollen. Obwohl ja immer viele sagen, ja, ich will das ja. Natürlich will ich lebendig sein.
Aber das ist eben auch die Herausforderung, diese initiatische Reise auch nach innen anzutreten. Jetzt sind wir ja ein bisschen in der Mythologie, das ist ja nichts anderes, wie dass jeder Mensch, Mann oder Frau, eine in sich Reise zu tun hat. Die können wir sagen, das ist die Heldenreise oder Heldinnenreise.
Und das ist genau das, um was es geht. Das Leben wird uns an diese Grenzen führen. Das Leben wird uns an diese Herausforderungen heranführen, wo ich eher mich zurücknehme, statt diese Prüfung anzunehmen, die Herausforderung anzunehmen.
Es gibt ja einen schönen Film, das heißt Jäger des Augenblicks. Das sind so Extremsportler, die eine unglaublich hohe Intensität an Grenzen suchen. Also immer da, wo Leben und Sterben, also ein Seil, ein Zug vom Sterben weg ist.
Aber da erzählt einer genau dieses Moment. In dem Augenblick, wenn die, Berg kann man ja nicht bezwingen, aber wenn sozusagen dieser Prozess in einer guten Weise, auch für in dem Falle diese Bergsteiger, da endet. Da sagt er, dafür lebe ich.
Für diesen Moment des Geschaffthabens. Und da gehen die natürlich an eine unglaublich große Grenze. Es gibt so Extremsportler, wenn man die mal fragt, warum machst du das denn?
Ja, die spüren sich ja in einer unglaublich tiefen Weise an dieser Grenze. Und das ist wie eine tiefe Sehnsucht. Und da muss man dann auch aufpassen.
Dann wird die Grenze immer erweitert, immer erweitert, immer erweitert. Aber die Frage ist, ob das wirklich dann initiatische Prozesse sind, oder ob es wirklich dann darum geht, immer wieder die Erfahrung zu brauchen, um sich frei zu fühlen. Dann brauche ich wieder diese Extremsportarten oder die Extremsituationen, um mich irgendwie zu fühlen.
Wenn sie auch sagen, im Männercamp erzeugen wir ja auch so ein Feld. Wir gehen ja auch mit den Männern so an die Grenze. Wir versuchen die Männer ja auch abzuholen, sie wieder einzuladen, körperlich zu werden, tiefer zu fühlen, diese inneren Räume zu öffnen.
Und das ist natürlich schon etwas, was viele Männer gar nicht kennen. Und mit welcher, ich nenne das manchmal, mit welcher Wucht manchmal in den Männern diese Räume sich öffnen und auf einmal wieder tiefe Freude, Lebendigkeit, Kraft, Zuversicht, Bewusstsein spürbar wird. Da kann man fragen, ja, was machen wir schon großartig?
Wir machen nicht viel. Und doch scheint alleine das Feld und dieser Raum doch beizutragen, dass viele Menschen, in dem Falle Männer, wieder tiefer mit sich selber in Kontakt kommen können. Und ich finde, das sind so diese Prozesse, die es unbedingt braucht.
Unbedingt.
Daniel:Ich habe noch eine Frage, Axel. Und zwar, du hast gerade von der Angst vor Veränderung gesprochen. Aus meiner Sicht scheint das kein natürlicher Zustand zu sein, weil ich aus meiner Brille heraus bin mir ja darüber im Klaren, die Gesellschaft verändert sich, die Natur verändert sich.
Meine Lebensumstände ändern sich. Mein Körper verändert sich. Der Körper meiner Frau verändert sich.
Meine Frau hat auch einen eigenen Prozess. Die verändert sich. Also wie kann ich denn?
Wie? Also woran liegt es, dass viele Männer sich in einem Status Quo einsperren wollen? Wie finden Sie in dieser Angst vor, es könnte sich alles verändern, wenn das ja eigentlich allem Natürlichen widerspricht?
Also welche Form von Initiation etc. fehlt denn, damit der Mann lernt, dass Veränderung Teil des Lebens ist und sein muss?
Axel:Ja, also erst mal ist es ja eine tiefe Wahrheit und Wirklichkeit. Da muss man sich nur umschauen in die Natur. Da gibt es keinen Stillstand.
Alles unterliegt der Veränderung. Alles. Und in der Natur ist sozusagen auch dieses tief initiatische Prinzip wiederzufinden.
Das heißt stirb und werde. Jede Pflanze wird im Herbst sterben und wird wieder im Frühjahr geboren. Also das sind ja Prozesse, in denen wir ja auch stehen.
Ich glaube einfach, oder würde auch sagen, ich weiß, dass viele früh prägende Erfahrungen uns den Mut genommen haben, das Vertrauen genommen zu haben, in diese Hingabebewegung des Lebens weiterzugehen. Und das fängt ja ganz früh an, wenn ich meine, es gibt ja unterschiedlich. Die Mutter sagt Mensch, Kind oder Sohn, pass auf.
Und der Vater würde sagen Mensch, komm, probier dich aus. Also dieses Spannungsfeld von dem, wie werde ich an bestimmte Prozesse herangeführt? Darf ich mich ausprobieren?
Darf ich oder kann ich mich irgendwie erleben im Leben? Meine eigenen Erfahrungen machen, die sozusagen dann wieder in dem Wissen und aus der Erfahrung heraus ins Leben fließen. Und in vielen Fällen gibt es so was wie, ich sag mal, es gibt so schöne Sprüche.
Eine davon ist, wir sind schon mit 20 gestorben, mit 80 werden wir begraben. Und meiner Meinung nach fängt das noch früher an. Also wir sterben oder etwas in uns stirbt, was wir oder wir sterben in Form auch, dass wir den Kontakt vermeiden, dass wir den Kontakt unterdrücken.
Und immer wenn Veränderungssituationen im Raum stehen, wird natürlich auch das frühe Thema getriggert. Das heißt, da gibt es so etwas wie eine Überlebensdynamik. Ich muss, oder das ist so wie zellulär eingespeist, dass wir immer noch überzeugt sind oder viele davon überzeugt sind, wir müssen, ich muss weiter überleben.
Wenn ich diesen Raum verlasse, dann sterbe ich. Und das ist eine sehr, sehr, sehr frühe Wirklichkeit, die wir in vielen Fällen alle durchgewandert haben. Das kann in der Geburt sein, das kann schon vorgeburtlich sein, das kann nach der Geburt sein.
Also da werden wir mit etwas konfrontiert, was uns an die Grenze auch des Sterbens in vielen Fällen gebracht hat. Oder der Ohnmacht, der Verzweiflung, des Nicht-Handeln-Gönnens mehr. Und dann prägt sich das und legt sich das so tief ab in unserem System.
Und dann tragen wir das einfach 10, 20, 30, 40, 50 Jahre, 60 Jahre in uns weiter und haben immer noch das Gefühl, wir müssen überleben. Und das ist meiner Meinung nach eins der größten Behinderungsimpulse in uns selbst, dass wir noch überzeugt sind, ich muss überleben. Ich glaube, der Bert Hellinger hat das mal gesagt, das Schlimmste, was wir befürchten, haben wir schon lange überlebt.
Und das war eben halt die frühe Situation. Aber das System und unser Inneres reagiert immer noch so, als wenn das in der frühen Zeit gebunden ist. Und ich sage jetzt nicht so, Mensch, das muss man einfach nur verstehen.
Und dann, das sind ja Prozesse, die wir brauchen, auch in einem anderen Umgang mit der frühen Situation. Also auch, dass wir lernen, wieder der Situation zu begegnen. Und da, wo Energie uns gebunden ist, dass wir die wieder in einer bestimmten Weise wieder auch ins Fließen bringen oder in die Pulsation führen.
Das ist etwas, was uns ja eigen ist, nämlich das Menschsein. Und ich sage immer, die Wirklichkeit unseres Menschseins ist Pulsation, Vibration und Fließen. Das ist unsere körperliche Grundwirklichkeit.
Und wir haben halt sehr früh gelernt, uns festzumachen, so zu festigen, zu verfestigen. William Reich spricht ja immer von dem Charakterpanzer, also dass wir eine Schutzschicht oder eine Rüstung um uns herum tragen, an denen nichts mehr reinkommt, aber auch nichts mehr rauskommt. Und das ist sozusagen der Prozess und die Aufgabe, dass wir die Rüstung ablegen, mit unserer Verletzlichkeit sichtbar werden, mit unserem Mangel sichtbar werden, mit unserer Bedürftigkeit sichtbar werden und dann lernen dafür, wofür wir in der frühen Zeit ja nichts konnten, Beantwortung zu übernehmen.
Daniel:Die zwei Worte, die fand ich gerade sehr kraftvoll. Mangel und Bedürftigkeit, weil ich jetzt auch hier gleich nochmal den Bogen spannen kann zu der goldenen Kugel und zu dem frühzeitig Sterben. Also dieser Mangel, diese Bedürftigkeit, dass ich mich nach etwas sehne, was mir genommen wurde auf irgendeine Art und Weise, bewusst oder unbewusst, mich dem zu stellen, um halt wieder an diese Lebensfreude heranzukommen.
Das ist jetzt das, so könnte ich, glaube ich, metaphorisch nochmal auf diese Situation mit dem Käfig blicken und auf das, was du gesagt hast, wir sterben schon in relativ jungen Jahren und finden aus dem Leben oder wie hast du es genannt mit 80?
Axel:Also es gab einen Spruch, der sagt, wir sind mit 20 gestorben, mit 80 werden wir beerdigt. Das heißt, die ganzen 60 Jahre haben wir nicht gelebt.
Daniel:Ja genau, das hat gerade sehr stark mit mir resoniert. Und ich glaube, das ist ein schöner Bogen, um nochmal zur Geschichte zurückzukehren, die wir ja genutzt haben aus dieser archätypischen Perspektive heraus. Lieber Zuhörer, wenn du jetzt spürst, dass du zu lange geschwiegen hast und dass deine Lebendigkeit, dass du die nicht mehr spürst oder dass du deine Wahrheit zu lange verdrängt hast, dann laden wir dich nochmal ein.
Komm ins Männercamp. Es gibt noch einige wenige Plätze und dort werden Räume geschaffen, in denen du deine Kraft nicht nur spüren, sondern auch bezeugen kannst oder bezeugen lassen kannst von anderen. Infos dazu findest du in den Shownotes.
Axel, möchtest du dem Zuhörer noch was auf den Weg geben?
Axel:Ja, vielleicht erst mal danke für das Interesse, wer immer hört und vielleicht auch bis zu Ende hört. Ja, und wenn da Fragen auftauchen, die können sich ja gerne jederzeit melden. Ich weiß gar nicht, ob wir das haben, Daniel, dass die sich irgendwie melden können.
Daniel:Ja klar, wir verlinken unsere Instagram-Accounts und so.
Axel:Das sind ja manchmal immer nur so kurze Ausdrücke von diesen Gesamtthemen. Und manchmal finde ich das doch auch sehr hilfreich, viele Männer, die sich dann melden oder gemeldet haben in einem anderen Kontext, dann zu erkennen, wie groß die Sehnsucht auch da ist, wissen zu wollen, wissen zu wollen. Ja, also wer Lust hat, wer Interesse hat, immer melden.
Und Männercamp 107, das muss man gar nicht mehr kommentieren. Ja, danke, Axel. Das spricht für sich.
Daniel:Es hat mir wieder sehr viel Spaß gemacht. Ich freue mich auf die nächste Folge.
Axel:Ja, mir auch, Marc.
Daniel:Marc, genau.
Axel:Nein, Daniel. Marc war gerade hier auf dem Handy, hat geblinkt. Unser Koch beim Männercamp hat sich gemeldet.
Daniel, danke auch.
Daniel:Nenn mich, wie du möchtest. Namen sind Spiel auf dem Wasser. Sag ruhig Marc zu mir.
Okay, Axel.
Axel:Ja, okay. Ja, vielen Dank. Bis später.
Und so soll es sein. Also, schönen Vatertag morgen. Ja, dir auch.
Ja, danke. Bye bye.