03. Juni 2025
Viele Männer spüren: So wie sie leben, so wie sie lieben – das bin ich nicht. Aber wie rauskommen aus dem Funktionieren, der Selbstvermeidung, dem ständigen Selbstverrat?
Diese Folge ist ein Weckruf. Keine Lösung von außen. Sondern eine Einladung zur Konfrontation mit dir selbst – deinem Schatten, deiner Wunde, deiner Wahrheit.
Darum geht’s in dieser Folge:
🔹 Warum Männer ihre Lebendigkeit verlieren – und wie sie zurückkommt
🔹 Wie du erkennst, ob du im Selbstverrat lebst
🔹 Welche Rolle Scham, Schatten und Kindheitsprägungen spielen
🔹 Warum kein Weg an deiner Verletzlichkeit vorbeiführt
🔹 Und was Initiation im 21. Jahrhundert wirklich bedeutet
Wenn du spürst: So nicht mehr – dann ist das der Anfang.
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Viele Männer spüren, dass sie so, wie sie eigentlich sind, gar nicht sein wollen. Nicht in der Beziehung, nicht mit den Kindern, nicht mit sich selbst. Aber viele Männer, und so ging es mir auch lange, wissen nicht, wie sie da rauskommen.
Sie schämen sich, sie tragen diese Scham still mit sich herum und wir wollen heute über diesen Schmerz sprechen und darüber, was es braucht, um wieder der Mann zu werden, den der Mann selbst achten kann. Den er gerne im Spiegel betrachtet und auf den er vielleicht auch stolz sein kann. Wir schauen uns das wie immer auf drei Ebenen an.
Erst mal gesellschaftlich. Warum reichen wir Männer uns oft nicht? Existenziell, was passiert, wenn wir uns gegen unsere Wahrheit erheben oder gegen unsere Wahrheit leben?
Und archetypisch, warum der Weg zum Mann immer durch die Konfrontation mit uns selbst führt. Lieber Zuhörer, kennst du das Gefühl, dass du ständig an dir arbeitest, dass du aber nie ankommst, dass du denkst, du müsstest noch ruhiger, noch erfolgreicher werden, noch körperlich fitter aussehen, noch gefestigter sein, damit du irgendwann endlich gut genug bist? Die Männer in der heutigen Gesellschaft sind ja massiv verunsichert in ihren Rollen, zwischen Härteverbot und Verantwortungserwartung.
Das haben wir in den letzten Folgen schon besprochen. Axel, was beobachtest du bei Männern, die spüren, ich bin nicht der Mann, der ich eigentlich sein will? Und warum sind diese Männer oft durch diese Scham gelähmt?
AxelDie Einleitung lädt ja ein, wer will ich sein, in ein Bild zu finden. Das ist leider Gottes unsere gesellschaftliche Ausrichtung, dass wir scheinbar immer Rollenbilder brauchen, die das Mannsein in irgendeiner Weise ausdrücken wollen oder können. Insofern orientieren sich ja viele an äußeren Vorbildern oder Bildern und identifizieren sich damit.
Und dann kommt vielleicht der Wunsch, so will ich auch sein. Meine Erfahrung ist, dass das sicherlich auch in der Entwicklung immer mal wieder so Grundlage ist, diese Verunsicherung zu spüren und erwachsen werden oder initiatische Prozesse zu durchlaufen, heißt, diese Bilder, die ich von irgendwas mit oder über etwas gemacht habe, dass ich bereit bin, diese Bilder wieder sterben zu lassen. Du hast das Wort Scham.
Wie weit ist es auch schon gekommen, dass wir uns unserer Männlichkeit schämen müssten oder müssen? Also es gibt ja ganz viele Strömungen gerade, wo ich immer so wirklich erstaunt bin. Also woher kommt das und was drückt das eigentlich aus?
Und hat das wirklich eine unterstützende oder förderliche Kraft, damit sich Männer sozusagen in einer guten Weise auf ihren ganz ureigenen Weg zu machen haben? Und ich glaube immer, wenn wir nach außen gehen, was ja dann so in Rollenbilder die Folge ist, dass wir versuchen, einem Bild zu entsprechen, Bilder haben häufig mit der Wirklichkeit des eigenen Daseins wenig zu tun. Und meine Erfahrung auch in der langjährigen therapeutischen Erfahrung ist, da wird es nämlich paradox.
Wenn ich irgendwo hin will, wo ich eigentlich in der Tiefe in mir schon bin, macht das keinen Sinn mehr, irgendwo hinzurollen. Das ist jetzt natürlich eine hohe Schwelle, dafür braucht man vielleicht auch das Bewusstsein, sich vielleicht auch tiefer mit sich selber auseinanderzusetzen, auch die Prozesse sozusagen in sich so zu erfahren, was es heißt. Also mir selber nicht mehr auszuweichen.
Und Scham ist immer etwas, es gibt ja viele Ebenen in all diesen Themen, auch in der Scham gibt es viele Ebenen. Wie ist das, dass wir uns oder wer auch immer, welcher Mann sich schämt, so zu sein, wie er ist? Das ist eine unglaublich tiefe Selbstentwertung.
Und da kann man fragen, woher kommt denn diese Einstellung oder dieses Bild oder dieses Empfinden, ich muss mich meines Mannseins schämen, weil ich vielleicht einer bestimmten Rolle oder einem bestimmten Bild nicht entspreche. Und spürbar ist für mich in vielen Fällen, du hast es ja vorhin auch so benannt, wie tief wir oder viele in ihrem Mannsein oder in diesem Männlichen verunsichert sind. Und da würde ich natürlich ansetzen, was ist Inhalt dieser Verunsicherung?
Und das wäre ja der Prozess, um den es geht, nicht irgendwie, was muss ich tun, damit ich mich anders fühle, sondern sich erst mal diese inneren Wirklichkeit, wie ist mein Selbstbild von mir und wie werde ich auch vielleicht im Fremdbild so wahrgenommen? Oder wie will ich dann wirken, wie will ich sein? Also es gibt so viele Facetten, wie sich ein Mann definieren kann.
Aber letztendlich unterm Strich würde ich sagen, wenn die Reise nach außen geht, ist es eigentlich ein permanentes sich verlassen und nicht wirklich bei sich anzukommen. Ich bin mit einem guten Freund gerade, den kennst du auch, den Markus, wir haben jetzt diesen Begriff nochmal aufgenommen, Itakar, das ist ja aus dieser mythologischen Heldenreise von Odysseus. Und da wird Itakar so als sozusagen der Prozess des Nachhausekommens so beschrieben.
Und der hat 22 Jahre gebraucht, glaube ich, Zeit, Rechnung, bis der wieder letztendlich in der Metapher bei sich selbst angekommen ist. Und ich glaube, das ist eine tiefe Sehnsucht, also die fühle ich, du hast es ja auch schon zweimal erlebt, auch im Männercamp, wenn die Männer wieder tiefer mit sich selber in Kontakt kommen. Und das sind genau die Prozesse, die wir ja auch brauchen, damit ein Kontakt in mir mit mir selbst entstehen kann.
Ich habe gestern nochmal ein sehr interessantes Gespräch gehabt, wo es darum ging, wer sagt einem denn wirklich, was Mannsein bedeutet? Also ich könnte dir nicht sagen, was Mannsein ist. Ich kann dir sagen, was es für Qualitäten gibt, aber wie und in welcher Tiefe du ganz persönlich, individuell Mannsein erlebst, das ist ein ganz eigener Prozess.
Und ich glaube, das ist etwas, was wir lernen dürfen. Wir müssen keinem entsprechen. Wir dürfen diese Reise nach innen antreten und herausfinden, wer wir in unserem Mannsein, wir sind ja schon Mann.
Die Frage ist, ob ich das auch fühle, ob ich dazu stehen kann, ob ich sage, das bin ich, das fühle ich und dafür gehe ich, in mir abrufen kann. Ja, das sind spannende Themen. Und das ist wie in all diesen Dingen, finde ich, natürlich ein Prozess, der hört ja nicht einfach auf.
Ich würde sagen, wenn ich jetzt auf meine Reise gucke, ich würde sagen, so mit 21 bin ich in diese Spur gekommen. Früher für mich war Therapie so, alles andere sind alle bescheuert und so. Ich brauche das nicht und ich habe es nicht gebraucht in dem Sinne.
Und doch war es für mich unglaublich förderlich, mich auf solche Prozesse einlassen zu lernen. Und herauszufinden, wie ich gelernt habe, meine Lebendigkeit, wie ich verlernt habe, meine Lust, meine Freude in mir sozusagen nicht mehr zu fühlen. Ja, und ich glaube, das ist der Weg, den wir wieder lernen dürfen, uns zu öffnen und unserer Verletzlichkeit zu begegnen, sodass wir merken, wir sind auch alle Mangelmänner.
Wir haben alles auch so etwas, also Mangel. Manche schämen sich ihrer Bedürftigkeit. Und klar ist das natürlich auch ein Prozess, dass ich meinen Mangel, den ich auf einer frühen Ebene erlebt habe, nicht mehr delegieren kann.
Den kann ich nicht mehr zu meiner Frau senden und sagen, gib du mir das, was mir gefehlt hat. Das ist kindlich. Erwachsen werden heißt an diesem Punkt, ich stelle mich meiner, also in erster Linie, ich stelle mich meiner Wunde, meiner Verletzung und all die daraus resultierenden Folgen oder was das so mit sich gebracht hat, wie Mangel, wie sich zurückzunehmen, wie Anpassungen und all das.
Sich nicht mehr zu fühlen. Das sind ja alles Bereiche, die uns im Menschsein irgendwann natürlich verloren gehen.
DanielJetzt hast du schon einen wichtigen Aspekt angesprochen und zwar dieses Getriebensein, diese Suche nach immer mehr. Ich muss noch immer mehr erreichen, damit ich irgendwann dieses fremde Bild, das ich vielleicht von dem perfekten Mann habe, um das zu erreichen. Und trotzdem werden die Männer halt nicht glücklich.
Mir ging es ja damals genauso. Ich war auch immer auf der Jagd nach noch mehr Erfolg, noch mehr Reichtum, noch mehr Macht in Anführungsstrichen. Und trotzdem war in mir immer diese Leere, die ich nicht füllen konnte.
Dieser Raum, in dem ich irgendwie immer auf der Jagd war nach, heute weiß ich es, war einfach die Bestätigung durch meine Eltern. Und der innere Kampf darum, eigentlich das Leben zu führen, das aus mir heraus erwachsen möchte und nicht das, was vielleicht irgendwelchen fremden Bildern entspricht. Und in dieser Zerrissenheit fühlen sich ja jetzt viele Männer, zwischen diesem Leistungsdruck und der Versagensangst am Ende auch.
Ich erlebe viele Männer, die haben eben trotzdem dieses Bild von, ich bin nicht gut genug, weil sie irgendwie spüren, dass sie nicht das leben, was sie eigentlich sein wollen und in ihrer Tiefe sind, wie du das jetzt gesagt hast. Aber auch nicht wissen, wie sie diesen Weg dahin finden. Und daraus resultiert dieses Gefühl, die ganze Zeit zu versagen.
Jetzt sind wir schon beim existenziellen Teil, nämlich dem stillen Leiden des modernen Mannes. Lieber Zuhörer, wir erleben viele Männer, die wissen, dass sie sich eigentlich mit ihrem Verhalten selbst verraten, aber nicht wissen, wie sie da rauskommen. Sie schlucken ihre Wut runter, vermeiden den klaren Kontakt mit Partnerinnen oder mit ihren Kindern oder mit ihren Chefs.
Sie belügen sich selbst und nutzen dann Betäubungsmechanismen, um sich von dieser Verzweiflung abzulenken. Es gibt Studien, die belegen, dass Männer, die gegen ihre inneren Werte handeln, häufiger depressive Symptome oder Suchtverhalten entwickeln. Zum Beispiel Bessel van der Kolk, die DBG-PPN von 2021.
Dieser Selbstverrat führt natürlich irgendwann zur Selbstablehnung und inneren Leere, oft auch ohne diese äußere sichtbare Krise. Das ist das, was wir die letzten Folgen schon als das Leben klopft an bezeichnet haben. Das sind die ersten sichtbaren Hinweise, bevor irgendwas passiert, was den Mann dann wirklich in diese Reise zu sich selbst zwingt.
Axel, was geschieht denn innerlich, wenn ein Mann dauerhaft gegen seine Wahrheit lebt? Wie äußert sich das im Körper, im Verhalten und auch im Alltag?
AxelJa, das ist, glaube ich, sehr unterschiedlich. Das kommt auch immer auf den Typ an, auf den Menschen an, auf das, was er als Prägung erlebt hat, wie er auf diese frühen Zeiten gelernt hat, zu reagieren. Ich würde immer sagen, jeder von uns, jeder Mensch hat irgendwie lernen müssen, eine Form und eine Struktur zu entwickeln.
Grundsätzlich würde ich sagen, hat das jeder Mensch in uns, so ist mein Bild dieses Menschseins, dass jeder Mensch, der hier in diesen Prozess des Lebens reintritt, dass der mit bestimmten Wirklichkeiten konfrontiert wird. Und eine der wesentlichsten Themen, die wir sehr ursprünglich und sehr früh erleben, ist Verletzung und Wunde. Ich weiß jetzt nicht mehr genau, aber die natürlichste Form der Wunde, die wir in uns tragen, ist unsere Geburt.
Weil wir einen tiefen Prozess durchlaufen, sozusagen, wenn man sagt, im Bauch der Mutter gab es noch so etwas wie eine Einheit, also sich nicht von irgendetwas getrennt zu fühlen. Und dann kommt der Prozess der Geburt und auf einmal erlebt das Wesen sozusagen, hier bin ich und da ist die Welt, hier bin ich und da ist die Mutter, hier bin ich und da ist die Natur. Und versucht natürlich, sich immer wieder in Verbindung zu setzen, sozusagen diese Sehnsucht nach diesem Ganzsein und sich verbunden zu fühlen, wieder herzustellen.
Und wenn das ja, und das sind ja sehr unterschiedliche und individuelle Prozesse, da reagiert ja jeder Mensch irgendwie anders und auf einer bestimmten Ebene aber auch gleich, versucht dann sozusagen schon in einen Überlebensmodus zu fahren. Du hast ja vorhin jetzt so eingangs gesagt, also was passiert, wenn ich meine ganz natürliche Wachstumsbewegung unterdrücke? Was ist, wenn ich meine ganz natürliche Kraft, Lebenskraft, nicht mehr in der Weise freigeben kann?
Was passiert? Und das ist natürlich klar, das sind im tieferen Sinne, sind das autoaggressive Prozesse. Also wir richten eigentlich die gesunde Lebenskraft, die in die Entfaltung, die auch ins Leben gehen will, die richten wir letztendlich irgendwann durch bestimmte Formen gegen uns selbst.
In Form, dass wir uns anhalten, dass wir nicht mehr lebendig und frei atmen, dass wir uns sozusagen nicht mehr fühlen wie in einem Vertrauen, sondern vielleicht entkoppelt, entleert, sinnentleert. Das sind ja so große Themen immer. Ja, und dann leben wir mehr und mehr, immer mehr diese Form und diese Struktur, in der Hoffnung über Form und Struktur wieder zu dem zu finden, was mir früh, in einer frühen Zeit gefehlt hat.
Und das sind Prozesse, ich meine, das kennst du, das kenne ich, die laufen häufig viele Jahre, viele Jahrzehnte, manchmal bis auch zum Lebensende, ohne dass etwas in uns in der Bereitschaft ist, obwohl wir das fühlen und spüren, dass wir mehr sind als das, was wir leben. Gerald Hüther spricht ja immer auch von diesem ungelebten Potenzial. Und ich finde, da ist was sehr Wahres dran.
Wenn ich meine Worte nehme, wir sind mehr als das, was wir leben, das ist ja verrückt, weil wir spüren, dass da ein Potenzial in uns ist. Wir fühlen das in gewisser Weise. Und dann ist die Frage, was hindert uns, dieses Potenzial oder diesen Impuls oder diese Bewegung, auch Veränderungsbewegung freizugeben.
Und dann kommen wir an Grundthemen, die häufig immer mit Befürchtungsängsten, also Ängste oder Befürchtungsängste, existenziellen Ängsten, auch das große Thema des Nichtwissens, das ist ja so etwas, egal was wir entscheiden, wir können in der Tiefe nicht wissen, wie oder was die Entscheidung hervorbringt, außer wir entscheiden das und wir suchen die Erfahrung. Und davor scheuen sich ganz viele Menschen, nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen. Ich habe jetzt noch mal einen Podcast gehört, das fand ich ganz interessant, also wie das Männliche im Augenblick auch in einem unglaublichen Veränderungsdruck sich befindet, wiederfindet.
Das heißt, da kommt von außen ganz viel, du musst, du sollst dich verändern. Und wenn das von außen kommt, da sind wir alle geprägt, wenn das von außen kommt, erzeugt das in uns meistens eine Form von Widerstand. Weil das war etwas, was wir auch in vielen Fällen früh lernen mussten, um uns selber auf einer bestimmten Ebene zu bewahren, haben wir gelernt, einen Widerstand aufzubauen, der dagegen geht.
Oder dann auch diese Ambivalenz, okay, ich höre, was du von mir willst, ich tue das, aber in der Tiefe kriegst du mich nicht ganz, das heißt, ich muss mich bewahren. Und das sind natürlich Dynamiken, die natürlich vieles hervorbringen, zum Beispiel, wie du auch vorhin sagtest, dass die gesunde Form von Lebenskraft, Freude, Lebenslust nicht mehr gefühlt wird. Und das ist ein echtes Dilemma.
Ich finde, das ist ein echtes Dilemma. Und natürlich liegt es in jedem Mann oder jeder Frau in der eigenen Verantwortung, sich all diesen Themen lernen zu stellen. Nicht mehr nach außen zu gehen, auch mit dieser Frage, wo will ich hin oder was muss ich tun, sondern sich viel mehr mit dieser inneren Reise zu beschäftigen oder sich dafür zu interessieren.
Also der bin ich eigentlich in mir und in meiner inneren Tiefe. Wem begegne ich da? Und dann kommen ja ganz viele Ebenen, kann man mal sagen, die inneren Dämonen, die Schmerzen, der Mangel, die Trauer, die Wut, denen werden wir begegnen.
Zerstörungskräfte, unglaublich. Ja, und wenn das natürlich nicht freikommt, dann nutzen wir ganz viel Lebensenergie, die eigentlich gegen uns selbst gerichtet ist. Und so würde ich sagen, sind wir im Menschsein nicht angelegt.
DanielDu hast jetzt ein Wort gesagt, das hat mit mir resoniert, nämlich Druck. Also dieser Druck von außen. Jetzt bist du Körpertherapeut.
Dieser Druck im Außen, der macht ja auch was mit unserer körperlichen Erscheinung. Also ich sehe und erlebe viele Männer, die sind fest. Die sind wirklich einfach fest.
Die stehen unter so starkem Druck, dass sie sich selbst festmachen müssen. Sie können gar nicht mehr ihren Atem freifließen lassen, ihre Tanzen, sich weich machen, weich bewegen. Die sind gefangen in dieser Festigkeit, die von ihnen abverlangt, dass sie eben immer irgendwelchen Erwartungen entsprechen müssen.
Und jetzt ist die neueste Erwartung erneut, der Mann muss sich schon wieder verändern. Der muss schon wieder zu irgendetwas werden, wo er vielleicht den Zugang zu gar nicht hat. Also wo er gar nicht weiß, was ist denn das eigentlich, was aus mir werden soll oder was aus mir werden darf.
Jetzt klopfen schon die nächsten Bilder an. Der Mann muss wieder lernen zu führen. Der muss wieder die Frauen halten können und so weiter und so fort, was da gerade alles so kursiert.
Und das ist natürlich, jetzt kommen wir auch direkt zur archätypischen Dimension, nämlich der Schatten des Ungelebten. Lieber Zuhörer, jeder Mann trägt ja eine innere Vorstellung davon, wer er sein könnte. Axel hat das auch schon gesagt.
Jeder von uns weiß, dass er mehr ist als das, was er lebt und dass er in seiner Tiefe etwas anderes ist als das, was er im Alltag ausdrückt. Und gleichzeitig existiert da eben in uns auch ein Schatten. Schuld, Angst, alte Wunden, die wir gerade schon angesprochen haben.
Und viele Männer leben genau in dieser Kluft zwischen der Sehnsucht nach dem, was sie eigentlich sein und verkörpern möchten und dieser Realität, die aus unseren Wunden erwächst. In der initiatischen Arbeit steht ja der Schatten für das Verdrängte, für das Verleugnete oder Abgespalten. Es gibt ganz viele Märchen, zum Beispiel der Froschkönig, wo die goldene Kugel in den Brunnen fällt.
Und dieser Brunnen steht genau für diese Schattenaspekte. Oder der Käfig vom wilden Mann aus der Geschichte vom Eisenhals. Axel, warum führt denn kein Weg an der Konfrontation mit diesem Teil in uns, mit diesem Schatten vorbei?
Und wie sieht diese Konfrontation in der Tiefe aus, jenseits von Psychologie und Theorie?
AxelAlso erstmal darf man vielleicht mal definieren, was Schatten eigentlich ist. Du hast ja so deine Worte. Ich würde sagen, dass Schatten sind die Dinge oder die Aspekte, die uns selbst nicht bewusst sind.
Das heißt, es ist kein Lichtkegel, der auf den Schatten hinweist und sagt, guck dir das mal an. Also insofern brauchen wir Erfahrungsräume und irgendwie initiieren wir die auch selbst. Dass wir vielleicht über ganz verrückte Geschichten selbst uns konfrontieren und sagen, Mensch, das war mir gar nicht bewusst, dass ich so bin.
Das war mir gar nicht bewusst, dass ich so etwas in mir trage. Das heißt, Schatten ist ja kein Schatten mehr in dem Augenblick, wenn er mir bewusst wird. Insofern braucht es vielleicht immer auch so ein Gegenüber, der uns sozusagen in einer bestimmten Weise den Schatten auch spiegelt.
Alleine das ist ein unglaublich entwicklungsförderlicher Vorgang, weil ich etwas wieder für mich herausfiltern kann oder mit etwas in Kontakt komme, was ich in der Tiefe bin. Und wenn das im Unterbewusstsein schlummert, hat das natürlich letztendlich die Folge, alles was uns unbewusst ist, drängt in gewisser Weise ins Bewusstsein. Das heißt, über kurz oder lang haben wir gar keine Chance, dass der Schatten sich irgendwie in unserem Leben bemerkbar macht.
Und gut ist es natürlich, wenn wir Menschen haben in unserem Umfeld, jetzt mal so im Kontext von Männercamp, wo wir vielleicht auch mit diesem Thema unterwegs sind, und ein Mann spiegelt mich sozusagen in dem, wie er mich wahrnimmt. Dann kriege ich ja darüber sozusagen eine Rückmeldung und ich kann dann prüfen, ob da was dran ist, ob es mich berührt oder ob es mich trifft. Aber auch das braucht ja die Bereitschaft, sich erst mal zu öffnen, damit etwas mich vielleicht an diesem Punkt auch wieder berühren kann.
Also da sind wir wieder bei dem Halten, bei dem Festmachen. Ich mag ja diesen Begriff, wir dürfen lernen, körperlich wieder durchlässig zu werden. Und die Durchlässigkeit hat mit Halten nicht mehr viel zu tun.
Und das ist eigentlich ein Kern unserer Ursprungsdasein, Durchlässigkeit. Und da gibt es so, ich sag mal, so Qualitäten, die man so nennt, Pulsation, Vibration und Fließen. Das ist die körperliche Wirklichkeit, in der wir stehen.
Und dann haben wir gelernt über, ich sag mal, vielleicht die Erfahrungsräume, dass wir uns muskulär anspannen, psychisch anspannen und dann irgendwie bestimmte Dinge einfach wegspalten. Dafür brauchen wir Energie, damit das alles sozusagen in der Form gehalten bleibt. Und ich glaube, also ich vertraue dem Leben und würde sagen, das Leben und all diese Prozesse dient letztendlich uns selbst, dass wir mehr und mehr und tiefer und tiefer herausfinden, wer wir da sind.
Und die Metapher auch mit diesen Märchen oder auch mit dem Eisenhans, da geht es ja auch darum, dass er sich sozusagen ablösen muss. Und dieser Vorgang der Ablösung heißt ja immer initiatisch gesehen, stirb und werde. Und das braucht viel Mut.
Und das im besten Falle nicht in Wertung zu tun, sondern im besten Falle aus dem tiefen Lustprinzip. Ich will herausfinden, wer ich bin. Nicht, ich muss mich dem jetzt stellen.
Und das sind ja leider Gottes so, dass wir lange, lange oder viele Menschen warten, warten, warten, der Körper übernimmt, der sendet Symptome. Und irgendwann habe ich gar keine Möglichkeit mehr, mich diesen Themen und auch den Schattenthemen zu stellen. Und ich würde immer einladen, lasst uns doch interessieren, wer wir sind, dass wir aus uns selbst heraus diese Entwicklungsbewegung initiieren und nicht von außen mit einer großen Form, wir hingewiesen werden oder gezwungen werden, uns zu verändern.
Und das ist zum Beispiel, das wollte ich gerade noch anfangs sagen, aber kommt mir jetzt gerade wieder. Also, wenn man das Leben betrachtet, das Leben selbst, das Leben selbst steht niemals still. Das Leben selbst hält sich auch niemals zurück.
Wieso auch? Und wenn wir jetzt gucken, wie wir Menschen im Leben sind, wie wir gelernt haben, uns zurückzunehmen, anzupassen, das ist ja so die größte Volkskrankheit, die Normopathie, wir sind alles Angepasste. Und dann sind wir wieder in diesem Spannungsfeld, ich weiß, ich bin ja mehr, ich bin auch individuell als Mensch, als Mann in mir.
Und wer bin ich, wenn ich aus dieser Anpassung rausgehe? Wenn ich mehr und mehr das in mir initiiere und Leben lerne, wer ich da wirklich bin. Und das ist im klassischen Sinne, so kann man wieder bei der Mythologie bleiben, das ist die Heldenreise.
Und jeder Mensch, Mann oder Frau geht hier auf diesem Planeten die ganz ureigene Heldenreise. Oder auch der Podcast heißt ja Heldentum der Gegenwart. Und Heldentum ist ja etwas, wo ich sagen würde, diese Qualität, die ist uns eingeboren.
Das ist eine tiefe Qualität unseres Wesens, das danach strebt, sich zu entwickeln. Das danach strebt, herauszufinden, wer ich bin. Und Heldentum hat ja immer viel mit Mut zu tun, das hat immer mit Prüfung zu tun, das hat natürlich auch immer mit Risiken zu tun.
Das sind alles so Metaphern. Und wenn wir in der Form bleiben, passiert nicht viel. Wir leben unser Leben so ab.
Und das wäre schade. Also ich finde das immer schade. Ich glaube, du hast das gesagt, oder habe ich das jetzt nochmal von einem Mann gehört, der auch im Männercamp war, der das für sich so in einem unglaublich tiefen Prozess erlebt hat, wie er auf einmal mit seiner unglaublich ungelebten Freude und Lust am Dasein in Kontakt gekommen ist.
Und konnte schier diese Freude gar nicht halten. Also das war wie, als wenn die Freude ihn so überflutete. Dann kann man sich fragen, wie schaffen wir das?
Wie machen wir das, dass wir haben lernen müssen, diese Form, diese Wirklichkeit und dieses, was wir im Menschsein sind, so lange zu unterdrücken und zu halten. Also energetisch sagt man immer, das, was ich unterdrücke, dafür brauche ich Energie. Also letztendlich gesunde Lebensenergie, die ich dann wieder gegen mich selbst anwende, um vielleicht nicht tiefer zu fühlen, um vielleicht nicht in Veränderung zu gehen, um vielleicht nicht in Konflikte reinzugehen und so weiter und so weiter.
Du hast vorhin Beziehungen angesprochen. Ich glaube, da ist ja auch gerade eine Bewegung am Laufen, wo viele Frauen sich innerlich auch abwenden vom Männlichen. Die merken, das Männliche hat in gewisser Weise nicht mehr so diesen eigenen Prozess, dass der so spürbar wird, dass wir sagen, wir stellen uns jetzt dieser Wirklichkeit.
Ich glaube dadurch, dass die Frauen eben auch ihren feministischen Prozess da gemacht haben und sich entkoppelt haben aus der Abhängigkeit zum Weiblichen und ich würde sagen, in vielen Fällen ist der Mann irgendwie in dieser alten Rolle so stecken geblieben. Wir reden immer wieder von
Wo verändert sich wirklich was? Ich bin jetzt so viele Jahre, Jahrzehnte in diesen Feldern und hatte zwischendurch mal so das Gefühl, die Männer kommen, die gehen in eine Bewegung, die zeigen sich, die sind interessiert, motiviert, diesen Weg zu gehen. Mittlerweile im Augenblick habe ich das Gefühl, die Männer sind alle versunken.
Reaktiv statt im Handeln. Und Handeln ist eine tiefe Kraft und eine tiefe Wirklichkeit auch unseres Mannseins, handelnd zu sein. Das wirklich auch in die Hände zu nehmen und dafür zu gehen und das zu begreifen und sich einzusetzen.
Du hast vorhin gesagt, auch Führung zu übernehmen. Ich glaube, das ist auch etwas, was den Frauen irgendwie so auffällt. Natürlich haben die Frauen auch ihre eigenen Themen mit den Männern, umgekehrt, und ich finde es gerade so doch bedenklich, was da gerade so passiert.
DanielDu hast ja gerade gesagt, also nochmal zurück zur Schattenarbeit, dass wir uns quasi unseren Schatten nur bewusst werden, wenn wir sie gespiegelt bekommen. Glaubst du, dass dieses einsame Wolf-Dasein, diese Fähigkeit, nicht in Kontakt gehen zu können mit anderen Menschen auf einer tiefen Ebene, dass das dafür sorgt, dass der Mann eben nicht gut mit seinen Schattenthemen in Kontakt kommen kann aktuell?
AxelDas ist klar. Wenn ich mich in diesem inneren Raum der Isolation oder diesem inneren Raum der Vereinsamung befinde, was ja das Bild ist, der einsame Wolf, der sich auf nichts einlässt, der nur für sich ist, das ist ja eine tiefe Not im Kern. Das ist ja nicht, dass dieser Mensch, dieser Mann, das wollte.
Das hat ihn dahin geführt, und er hat sich natürlich dafür geöffnet. Aber im Kern sind wir auf Beziehung angelegte Wesen. Und in der Beziehung und im Kontakt zu Menschen, Männern oder Frauen, können wir herausfinden, wer wir sind, wenn man auf dieser Ebene sich natürlich auch lernt, auszutauschen.
Und der einsame Wolf lässt ja in gewisser Weise nichts an sich fanden. Er sagt, ich will das alles nicht, ich brauche das nicht, ihr könnt mich alle mal so. Das mag ja für ihn einen bestimmten Wert haben, aber gleichzeitig hat er sich eigentlich auch von all diesem Lebendigen oder vom Leben entkoppelt.
DanielWas passiert denn, wenn Männer diesen Schritt nicht gehen, genau diesen Schritt? Lieber Zuhörer, wenn du nicht der Mann bist, der du sein willst, und du spürst, dass du quasi gar nicht mit dir selbst in Kontakt bist, dass du nur noch in einer Rolle funktionierst, die dich innerlich auffrisst, was passiert denn mit einem Mann, der eben nicht in der Lage ist, mit diesem Schatten auch in Kontakt zu gehen, und diese Veränderung irgendwie zur Überlebensfrage zu machen? Zu sich selbst zurückzukehren, diese Veränderung, meine ich.
AxelJa, der lebt sein Leben genau in diesem Raum, also eigentlich getrennt von all dem, was wir Leben nennen können. Mit all diesen Facetten, all den Schönheiten, all den Herausforderungen, die da drin liegen. Also so entkoppelt zu sein, das sind ja viele Männer oder auch viele Frauen, entkoppelt zu sein von dem, was wir die wahre innere Natur nennen können.
Wie sind wir noch verbunden auch mit der Natur? Wir sind ja Wesen und ein Teil der Natur, aber wenn all das gar nicht mehr irgendwie sich abruft, dann frage ich mich, es ist freudlos, vielleicht dumm, leer, sinnentleert, und ich bin nicht derjenige, der sagt, das müsste anders sein, wenn sich ein Mensch dafür entscheidet, so zu leben, dann lebt er genau so. Und da habe ich genauso viel Achtung davor, als ein Mensch, ein Mann, der sich aufmacht, sich seinen Themen zu stellen.
Also da gibt es nicht besser oder schlechter. Ich glaube einfach, da sind wir vielleicht bei diesem Begriff, also so würde ich das für mich formulieren, dass wir von Anbeginn an, also in dem Augenblick, wenn Samenzelle und Eizelle zusammenkommen, stehen wir in einer ganz ureigenen Form der Bestimmung. Das heißt, da geht im Kern die Heldenreise schon los.
Und da verlieren wir in vielen Fällen den Kontakt zu und dann knallt. Und dann würde ich sagen, im besten Falle, so sind auch meine eigenen Erfahrungen, sorgt das Leben dann irgendwie auch für uns, dass wir vielleicht wieder Kontakt aufnehmen mit diesem Verdränken, mit dem Unbewussten, mit unserer Verletzung, mit dem Mangel, mit unserer Bedürftigkeit, mit dem Nichtwissen. Das Leben sorgt dafür, wenn ich dafür wach bin.
Und wenn ich das nicht einfach so wegschiebe und sage, ihr könnt mich alle am Arsch lecken, will ich alles nicht. Aber das liegt ja in einem Selbst, diese Entscheidung. Öffne ich mich dafür?
Stelle ich mich dieser Wirklichkeit? Oder bleibe ich in Form und Struktur? Ich bin nicht derjenige, der sagt, besser wäre, wenn so, oder schlechter ist, wenn so.
Nein, das entscheidet jeder selbst. Und ich glaube, das ist der Punkt und der Aspekt, und das hat ja auch was mit Erwachsenwerden zu tun, dass wir lernen, unser Leben selbst in die Verantwortung zu tragen. Und wenn ich all das in Form und Struktur bin, delegiere ich das immer noch innerlich bei mir an die Eltern oder auch an Gott und mache die dafür verantwortlich, dass ich eigentlich nicht aus dieser Form und der Struktur rauskomme, weil ich im Leid bin.
Und ich mag das Wort, es geht wieder darum, auch diesen Prozess der Selbstermächtigung aufzunehmen. Dass ich da, wo ich vielleicht mal ohnmächtig geworden bin aus dieser frühen Zeit und den Umständen, dass ich wieder lerne an diesem Punkt in der eigenen Form der Verantwortung. Und mir da meine Kraft oder meine Macht, Macht ist ja auch immer ein gefährliches Wort, aber wir sind auch machtvolle Wesen.
Dass ich das wieder in mir und in mein Leben zurückführe. Und das braucht Mut.
DanielIch erlebe jetzt viele Männer, die genau diese Situationen, die zur Reifung führen würden, vermeiden. Jetzt hast du, ich bewundere deine Wertungsfreiheit. Wie bringen wir das denn in Anführungsstrichen in Ordnung?
Jetzt habe ich aufgeschrieben, ein Mann, der sich selbst nicht stellt, ist kein fertiger Mann.
AxelDa würde ich sagen, wer bist du, der das so sagen kann?
Daniel(7:15 - 8:18)
Richtig, jetzt wollte ich das gerade aktualisieren. Auch der Mann, der sich sich selbst stellt, ist dann kein fertiger Mann. Aber er ist zumindest wach und aufmerksam sich selbst gegenüber.
Und er beginnt ein Stück weit Verantwortung für sich und sein Umfeld zu übernehmen. Für das, was er fühlt, für das, was er will. Und auch, und das ist jetzt ein ganz wichtiger Aspekt, für das, was er lebt.
Ich fand das gerade wertvoll, dass du gesagt hast, auch die anderen Männer, die sich nicht mit sich selbst beschäftigen wollen, die übernehmen ja trotzdem eine gewisse Form von Verantwortung dafür, dass sie eben für das, was sie halt leben, in der Art und Weise. Was hilft denn einem Mann, wieder in diese Integrität zu kommen, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein? Und warum braucht es dafür einen Kreis, in dem er eben nichts mehr beweisen muss und aus diesen Rollen, die er im Alltag einnimmt, ausbrechen kann?
AxelJa, das ist vielleicht genau ein ganz entscheidender Punkt, auch gesellschaftlich gesehen. Es gibt wenig Felder, wo der Mann so eintauchen kann, wo er merkt, ich bin einer von vielen, alle haben diese Themen, ich bin nicht der Einzige, der nur mit meinen Themen da durch die Welt läuft und meint, ich bin nicht richtig oder ich bin nicht fertig. Ich meine, auch dieser Begriff, wann ist ein Mann fertig?
Es gibt kein Fertigsein. Es gibt irgendwie auf dem Weg sein. Es gibt sich immer wieder die Möglichkeit, offen zu bleiben, neugierig zu sein, sich selber tiefer zu erforschen, also mit all diesen Möglichkeiten, die ja zum Teil auch gegeben sind.
Und eines der Elementarsten ist immer, dass wir in gewisser Weise diese Felder brauchen, wo so ein Bewusstsein wachsen kann. Meine Erfahrung ist, Veränderung ist an Bewusstsein geknüpft. Ich kann nicht nur intellektuell irgendwas überwissen, ah ja, jetzt weiß ich, wie ich das machen muss, dann mache ich das so.
Es braucht praktische Erfahrung, dass etwas in uns innerzellulär sich wieder erinnern kann, wer wir in der Tiefe sind. Und das ist natürlich etwas, was nicht unbedingt selbstverständlich irgendwie draußen angeboten wird. Es wird viel angeboten und ich wage vieles auch zu bezweifeln, was da läuft.
Und wer bin ich? Ich kenne die ja nicht, aber wenn ich da manchmal so hinfühle, dann denke ich, um Gottes Willen. Also all diese Versprechungen und sowas, das ist eigentlich nicht, wie sagt man, jetzt fehlt mir das Wort.
DanielIch schneide es dann raus, sagst du.
AxelMir fehlt das Wort jetzt gar nicht. Man könnte sagen, es ist ein Schlauter, also Versprechen zu machen, das kann man ja nicht machen. Wer etwas versucht zu versprechen, der will etwas erreichen.
Und ich finde immer, Entwicklung ist ein ganz innerer, eigener Vorgang, wo ich lerne, mich zu öffnen für mich selbst. Und das kann man natürlich mit Hilfe und Unterstützung in solchen Fällen erleben. Aber letztendlich ist das eine innere, eigene Entscheidung, die sagt, okay, ich mache diesen Raum auf, wo der ganze Schmerz, der ganze Wahnsinn, meine ganze Verunsicherung mal da sein darf.
Und das braucht, das ist meine Erfahrung, das braucht ein Feld voller Vertrauen, das braucht ein Feld, wo der Mann vielleicht auch fühlen kann, hier sind erfahrene Männer oder Mentoren, die diese Prozesse auch durchlaufen haben, also die wissen, wovon sie reden oder sprechen, dass da sozusagen ein Vertrauensfeld in der Weise gegeben ist. Und ich glaube, wenn das wieder als Grundlage dienen kann, dann lassen die Männer sich auch drauf ein. Ich meine, du hast ja zweimal das Camp erlebt, und ich bin ja immer erstaunt, wie schnell die Männer dann irgendwie auch, nach zwei Tagen ist da eine Wirklichkeit zu fühlen und diese Verbindung zu fühlen unter den Männern, das ist für mich immer auch sehr beeindruckend.
Und wie Männer dann wirklich auch aufmachen und sich zeigen. Und ich finde, das ist genau der Vorgang, und das nennen wir ja auch initiatisches Bewusstsein oder initiatische Räume zu betreten, wo all diese Meinungen und die Bilder, oh Gott, und wenn ich das sage, oder wenn ich das so mache oder so, nicht mache, so gehöre ich nicht dazu, das sind alles Bilder und Befürchtungen. Und Entwicklung heißt immer, es braucht praktische Erfahrung, ich darf lernen, mich zu öffnen, ich darf lernen, mich nicht mehr zurückzunehmen, sondern auch, viele Männer haben in vielen Fällen auch eine unglaubliche Angst vor Konflikten, die sind auch, man kann auch sagen, ist ja auch ein Teil der Aggressionshemmung, also Aggression im gesunden Sinne, alleine wenn man das Wort schon, Aggression in den Mund nimmt, dann hören viele, und viele haben das vielleicht auch erlebt, dann meinen, es geht um Gewalt.
Nein, das ist eine Grundkraft des Lebens und die kann natürlich auch pervertieren und dann entsteht da Gewalt raus, wenn zum Beispiel Eltern ihre Kinder schlagen, dann ist das eine Aggression, aber die ist nicht förderlich, die erzeugt genau das Gegenteil, dass sozusagen das Wesen oder derjenige, der das dann erlebt, diese Aggressionshemmung entwickelt und sagt, so will ich auf keinen Fall sein, das ist ja menschlich nachvollziehbar. Ja, also das sind schon Bereiche, wo ich so spüre, ja, diese Felder sind bedeutsam und wichtig, dass Männer wieder Mut kriegen, sich auch in diese Felder hineinzubewegen und auch da, jetzt sind wir ja kurz vor dem Männercamp, ich habe ja vorhin gesagt, wir sind ja eigentlich so in der finalen Phase und ich genieße das ja immer und freue mich auch immer darauf, du kennst den Platz ja, wenn der Tag der Samstag naht und die Männer anreisen und so spürbar wird, keiner weiß ja, also auch schon, die jetzt schon zwei oder dreimal da waren, keiner weiß, was denen sozusagen, was geschieht oder was denen begegnet und du merkst einfach, wie die da ankommen, auch in dieser tiefen Verunsicherung, aber auch mit dem Mut, sich zu zeigen, sich auf diesen Prozess einzulassen und das finde ich mal, also für mich auch als Ausdruck, dann merke ich ja, das ist genau das, was ich auch anbieten will, Männern solche Räume anzubieten, wo es wirklich auch um was geht und nicht, wo man einfach mal schön Zeit miteinander verbringt und das sind für mich, also das ist ein Teil, würde ich sagen, auch meiner Bestimmung, der ich weiter folge und mich freue natürlich, wenn Männer diese Räume betreten und ein Bewusstsein dafür kriegen, ich glaube, du hast es ja letztes Mal auch, oder was kann ich genau, auch mal so erzählt, was das Männercamp auch für dich und dein Leben in der Weise eröffnet hat, so wie vielleicht dein Prozess in einer anderen Weise, in einer tieferen Weise seinen Weg genommen hat und genau darum geht es. Aber wenn ein Mann nicht bereit ist, diesen tiefen Punkt auch vielleicht der Wunde und der Verletzten zu berühren, passiert da nicht viel.
Insofern, frühe Kulturen wussten um diese Kraft der Initiation, die wussten, welche Prozesse ein Herrenwachsender braucht, um zu reifen. Jetzt können wir uns ja mal in unserer Gesellschaft umgucken, wo wir das noch erleben. Ich finde immer, das Bewusstsein wächst zum Glück wieder ein bisschen dafür, aber ich finde, das hat so eine große Notwendigkeit, dass Männer wirklich wieder anfangen, sich auf den Weg zu machen, also wirklich auf den Weg zu machen, aus der Komfortzone.
Ich war eigentlich auch fertig, ich wollte nur noch mal sagen, aus dieser Komfortzone und aus diesem Raum, der uns bekannt ist, der Gewohnheit, Raum der Gewohnheit, auch auszubewegen. Und das ist menschlich und das ist auch ein Lebensprinzip, so evolutionär, das Leben steht niemals still. Und wenn ich mich gegen diese innere Form der Veränderung wehre, so was ja eigentlich gar nicht geht, das Leben lebt sich nach vorne.
Da kann ich noch so viel halten, da kann ich noch so wenig atmen, wie ich will und sagen, nee, ich will nicht, ich will nicht. Keine Chance, das Leben wird sich bewegen. Das Leben bewegt uns.
So, Punkt.
DanielJa, also initiatische Räume schaffen eben, wie das Männercamp 107, schaffen eben genau diesen Boden, in dem Männer sich ehrlich begegnen können. Für mich war der prägendste Satz, glaube ich, den ich mir selbst gesagt habe, so nicht mehr. Und vielleicht ist das auch der Ruf an dich, lieber Zuhörer, wenn du spürst, dass du nicht der Mann bist, der du sein willst, dann ist das im Moment noch kein Makel, aber es ist ein Ruf.
Ein Ruf, dich zu erinnern und dich zurückzuholen. Dich aufrichten zu lassen. Im besten Fall im Kreis von anderen Männern.
So ist es. In diesem Sinne, eine schöne Zeit bis zur nächsten Folge. Danke dir, Axel, es war wieder sehr bereichernd.
AxelDanke dir, Daniel, und ja, wir gehen mal mit Freude und Lust weiter. Genau, bis zum nächsten Mal.